Ausbildung der Kolonialbeamten. Die verschiedenen Dienstzweige
der Kolonialverwaltung entsprechen im allgemeinen denen der heimischen
Verwaltungen
und sind daher außerordentlich mannigfaltig. Die Begründung einer
allgemeinen
Kolonialschule für Kolonialanwärter
sämtlicher
Dienstzweige ist mithin nicht wohl möglich. Vielmehr ist die Kolonialverwaltung darauf angewiesen,
Beamte zu übernehmen, die eine abgeschlossene
Vorbildung
für den betreffenden heimischen Dienstzweig erworben haben. Dies bietet
gleichzeitig den Vorteil, daß solche Beamte, welche dem gesundheitlich
sehr
aufreibenden Tropendienst nicht mehr gewachsen sind, wieder in den
heimischen
Dienst zurücktreten können (s.a. Kolonialbeamte). Anderseits aber bieten die
meisten Zweige des Kolonialdienstes doch so viele Besonderheiten, daß eine
spezielle Vorbereitung unerläßlich ist. Die Zentralverwaltung hat daher
schon frühzeitig darauf Bedacht genommen, die Möglichkeit für eine solche
Vorbildung zu schaffen, und zwar zunächst durch geeignete Vorlesungen am
Seminar für orientalische
Sprachen (s.d.), wo namentlich die für Deutsch-Ostafrika bestimmten Beamten usw. vorgebildet
werden,
sodann am Hamburgischen Kolonialinstitut (s.d.) oder an der
Handelshochschule
zu Berlin. Ein etwa einjähriger Besuch dieser Anstalten kommt besonders
in Betracht für die in den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst der Kolonien
zu übernehmenden Personen, für die höheren Forstbeamten, für die mittleren
Bureau-, Kassen-, Rechnungs- und Zollbeamten, für die Lehrer.
Die Vorbildung erstreckt sich namentlich auf das sprachliche und
landeskundliche
Gebiet. Soweit möglich, namentlich also, sofern die Vorbereitung in Berlin
am Seminar für orientalische Sprachen
stattfindet,
erfolgt gleichzeitig eine Beschäftigung im RKA. - Ärzte haben die am Institut für Schiffs- und
Tropenkrankheiten
in Hamburg (s.d.) im Frühjahr und Herbst stattfindenden
zweimonatlichen
Kurse über tropische Krankheiten zu besuchen und erhalten im Anschluß an
diese fachwissenschaftliche Unterweisung noch während 31/2 Monaten eine
Ausbildung in Sprachen und den wichtigsten Kolonialwissenschaften am
Kolonialinstitut.
Eine ähnliche Ausbildung erhalten Apotheker und Tierärzte; letzteren wird vor der Ausreise
Gelegenheit
gegeben, an einem etwa dreimonatigen Kursus über Bakteriologie und Tierhygiene an der
Tierärztlichen
Hochschule in Berlin teilzunehmen. Astronomen, Geographen, Feldmesser und
Offiziere, die bei Vermessungen beschäftigt werden sollen, haben
nötigenfalls astronomische und trigonometrische Kurse in Berlin oder
Hamburg
zu hören. Gärtner werden tunlichst einige Zeit an der Botanischen
Zentralstelle
für die Kolonien (s.d.) beschäftigt. Höhere Baubeamte und Landmesser werden vor ihrer
Entsendung
in der Regel im Kolonialamt beschäftigt. - Für die Vorbereitung von
Beamten
usw. für den Kolonialdienst sind
erhebliche Mittel (1913: 138000 M) in den Etat des RKA. eingestellt. - Ein
Versuch mit der Ausbildung besonderer Kolonialeleven nach englischem Vorbild, der
im Jahre 1905 (Denkschrift zu Kap. 6a Tit. 23 d. fortd. Ausg. d. A. A.)
unternommen wurde, um zunächst für Ostafrika
Bezirks- und Stationsleiter
auszubilden,
ist bisher nicht erneuert worden. - Näheres, besonders auch über die
entsprechenden
Verhältnisse der fremden Kolonien, s. bei Benecke, Ausb. d. KolB. 1894;
v. König, Die Beamten der deutschen Schutzgebiete, ihre Rechtsverh., Bezüge u.
Auswahl, im Jahrbuch d. Intern. Vereinigg. f. vergl. Rechtsw. u. Volksw.-
Lehre
1905 S. 248 ff., im KolBl. 1911 S. 138; Dr. jur. H. Haarhaus, Das Recht
des dtsch. Kolonialbeamten, Karlsruhe 1912; Zache, D. Ausb. d. KolB. 1912,
W. Süsserott.