Schutzgebietsangehörigkeit. Die deutschen Schutzgebiete sind
weder für sich Staaten noch Bestandteile des Reichsgebiets (Art. 1
Reichsverlassung).
Sie unterstehen zwar der Souveränität des Reichs, sind ihm aber nicht
staatsrechtlich
einverleibt. Laband bezeichnet sie deshalb als Pertinenzen, Zubehör des
Reichs. Weil sie keine Staaten sind, gibt es in ihnen keine
Staatsangehörigkeit;
weil sie nicht Reichsland sind, ist mit der Schutzgebietsangehörigkeit
nicht
ohne weiteres die Reichsangehörigkeit
verbunden. Diese muß besonders verliehen werden (§ 33 Ziff. 1 Reichs- und
Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913 [BGBl. S. 583]). Die Schutzgewalt
(s.d.) des Deutschen Reichs ist territorial, d. h. sie erstreckt sich auf
alle in den Schutzgebieten befindlichen Personen, gleichviel woher sie
stammen.
Da die Rechtstellung der Bewohner in der Hauptsache nach anderen
Gesichtspunkten
geregelt ist, als nach ihren persönlichen Beziehungen zu dem Lande, so
tritt
die Frage der Schutzgebietsangehörigkeit in den Hintergrund. Bisher ist
nur für Deutsch-Ostafrika durch eine Ksl. V. vom
24. Okt. 1903 (KolBl. S. 573; KolGG. 63, 227) die Landesangehörigkeit
einer näheren Feststellung unterzogen. Da mit ihr jedoch andere
Rechtsfolgen
als daß der Landesangehörige zur Führung der Reichsflagge keiner
besonderen
Erlaubnis bedarf, kaum verbunden sind, so ist sie staatsrechtlich ohne
nennenswerte
Bedeutung (Laband, Staatsrecht, Bd. II, 289, Anm. 2, 5. Aufl., Tübingen
1911). - Als Angehörige der Schutzgebiete können im weiteren Sinne alle
Personen gelten, die sich dort aufhalten. Denn sie sind während ihres
Aufenthalts
gleichmäßig der Schutzgewalt unterworfen. Man hat zu unterscheiden: 1.
Reichsangehörige.
Sie unterstehen, auch wenn sie farbiger Abstammung sind, dem Rechte der
Weißen, d. h. dem deutschen Recht (§§ 2,3 SchGG.; § 19 KonsGG.). 2.
Angehörige
anderer zivilisierter Staaten. Sie haben, sofern sie in ihrer Heimat
Vollbürger
sind, im wesentlichen die gleiche Rechtsstellung in den Schutzgebieten wie
die Reichsangehörigen. Das Schutzgebietsgesetz unterscheidet
lediglich
zwischen Eingeborenen und Nichteingeborenen (§ 4 dorts.) und unterwirft
letztere ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit dem gleichen
Recht
(§§ 2, 3, 7 SchGG.; § 19 KonsGG.). Zu den Nichteingeborenen gehören die
Vollbürger der zivilisierten Staaten. Sie sind, solange sie im
Schutzgebiet
wohnen oder sich aufhalten, Schutzgenossen (s.d.) und genießen den
Schutz
des Deutschen Reichs auch gegenüber dem Auslande. 3. Die Eingeborenen
(s.d.).
Das Gesetz sagt nicht, wer darunter zu verstehen ist. Man bezeichnet als
Eingeborene die Angehörigen der im Schutzgebiet
heimischen farbigen Stämme,
einschließlich
der Mischblutstämme, z.B. der Bastards
(s.d.) in Deutsch - Südwestafrika,
(Gerstmeyer, Schutzgebietsgesetz § 4 Anm. 1). Durch die Ksl. V., betr. die
Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten, vom 9. Nov. 1900
(RGBl.
S. 1005) §2 sind den Eingeborenen die Angehörigen fremder farbiger Stämme
gleichgestellt. Japaner gehören jedoch hierzu nicht, desgleichen nicht die
Goanesen (s.d.) und Parsen (s.d.) sowie die -nicht mohammedanischen Syrer (s.d.) in Deutsch -Ostafrika (GouvV. vom 3.
Okt.
1904 [KolBl. S. 749, KolGG. S. 234] und vom 10. Juni 1910
[Landesgesetzgebung
des deutsch - ostafrikanischen Schutzgebiets S. 194]). Die Eingeborenen
sind der obrigkeitlichen Gewalt des Reichs unterworfen und sind dessen
Untertanen.
Auf die im Schutzgebiete von Kiautschou wohnenden Chinesen trifft dies indessen nicht zu. Sie sind
nach dem Vertrage vom 6. März 1898 (Reichsanzeiger vom 29. April 1898 und
MVO. 1898 Nr. 11, 147) Untertanen Chinas geblieben.